27. Februar 2023 | Allgemein

Straf- und zivilrechtliche Absicherungen des Managements

Die Absicherungen des straf- und zivilrechtlichen Haftungsrisikos von Vorständen, Geschäftsführern sowie Aufsichtsratsmitgliedern durch spezifische Versicherungen ist in den letzten Jahren auch bei mittelständischen Unternehmen zu einem festen Bestandteil modernen Risikomanagements geworden. Es ist mittlerweile vielen Verantwortungsträgern bewusst geworden, wie sehr sich die Wahrscheinlichkeit erhöht hat, wegen oft nur behaupteter Sorgfaltspflichtverletzungen mit Schadenersatzforderungen konfrontiert zu werden.

1. Ausgangssituation

Gesetzliche Einrichtungen, wie etwa die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft oder die Finanzpolizei prüfen akribisch allfällige Rechtsverletzungen von Unternehmensleitern, oftmals ausgelöst durch anonyme Anzeigen über eine Whistle-Blower-Hotline. Strafrechtliche Erhebungen und Voruntersuchungen sind die Folge, schlimmstenfalls droht eine Anklage wegen Untreue (§ 153 StGB). Selbst wenn die Verfolgungshandlungen entweder eingestellt werden oder im gerichtlichen Hauptverfahren ein Freispruch erfolgt, sind die üblicherweise erheblichen Verteidigungs- und Vertretungskosten vom Beschuldigten zu übernehmen; der für den Fall des Freispruchs von der Republik Österreich zu entrichtende Kostenersatz beträgt selten mehr als zehn Prozent der angefallenen Rechtsanwaltshonorare.

Aber selbst nach Entkräftung der strafrechtlichen Vorwürfe besteht für Organmitglieder die Gefahr, nach der Verfahrenseinstellung zivilrechtlichen Schadenersatzforderungen von geschädigten Dritten (Außenhaftung) oder im Zuge der Innenhaftung – wenn die Gesellschaft aufgrund der strengen gesetzlichen Haftungstatbestände (insbesondere § 25 GmbHG, § 84 AktG) ihr eigenes Leitungsorgan angreift – gegenüber zu stehen.

2. Grundsätzliche Absicherungsstrategien für Organmitglieder von Kapitalgesellschaften

Zur Absicherung der persönlichen Haftung von Geschäftsleitungsorganen kommen verschiedene Arten von Deckungskonzepten in Betracht:

• Jedes Mitglied des Geschäftsleitungsorgans schließt für sich zur Deckung seines eigenen Haftpflichtrisikos eine persönliche D&O-Versicherung ab. Neben der D&O-Polizze sollte ein solches „Managerpaket“ auch eine Strafrechtsschutz-, Vertrauensschaden- und Dienstvertragsrechtsschutzversicherung umfassen.

• Abschluss einer Gruppenhaftpflichtversicherung, durch die Gesellschaft für sämtliche ihrer Organmitglieder und zweckmäßigerweise ihre leitenden Angestellten oder für die Organmitglieder und leitenden Angestellten des Konzern eine Firmenpolizze abschließt (D&O-Versicherung im eigentlichen Sinn).

• Versicherung für fremde Rechnung im Sinne der §§ 74 ff VersVG, bei denen die Gesellschaft als Versicherungsnehmerin eine Versicherung für ein bestimmtes Organmitglied abschließt und nicht bloß die Prämie für eine persönliche D & O-Versicherung ersetzt.

• Abschluss einer Eigenschadenversicherung durch die Gesellschaft für den Ersatz von Schäden, die ihr durch Pflichtverletzungen ihrer Organmitglieder entstehen.

• Abschluss einer Forderungsausfallsversicherung für den Fall der Uneinbringlichkeit von Schadenersatzforderungen. Die Leistungspflicht des Versicherers wird in diesen Fällen von der Feststellung der Vorfrage der Haftung im Deckungsprozess zwischen der versicherten Gesellschaft und dem Versicherer abhängig gemacht. Mit der Leistungserbringung durch den Versicherer gehen etwaige Haftpflichtansprüche von der Gesellschaft auf diesen über (§ 67 VersVG). Der Versicherer wäre im Anschluss daran zum Regress gegenüber den Organmitgliedern berechtigt.

3. Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung

3.1. Wesen, Funktionsweise

Die D&O-Versicherung (Directors and Officers-Liability Insurance) ist eine Vermögenschaden-Haftpflichtversicherung für fremde Rechnung gemäß §§ 149 ff iVm §§ 74 ff VersVG (sie enthält mit dem Company Reimbursement und Entity Cover auch Elemente einer Eigenversicherung ), die ein Unternehmen für seine Organe, leitende Angestellte und sonstige besondere Funktionsträger abschließt. Die Gestaltungsrechte aus dem Versicherungsvertrag für fremde Rechnung stehen der Gesellschaft als Versicherungsnehmerin zu; sie kann etwa über eine allfällige Vertragskündigung bestimmen, ist als Versicherungsnehmerin allerdings auch zur Prämienzahlung verpflichtet. Die aus dem Versicherungsvertrag zustehenden Rechte kommen hingegen der versicherten Führungskraft zu.

Die D&O-Versicherung bezweckt den Schutz des Vermögens der versicherten Organmitglieder sowie des sonstigen der Managementebene (iwS) zugehörigen Personenkreises. Das wirtschaftliche Interesse der Gesellschaft an der Erhöhung der Wahrscheinlichkeit, Schadenersatzforderungen gegen ihre (insbesondere) Geschäftsführer auch tatsächlich einbringen zu können, wird durch den Abschluss einer D&O-Versicherung lediglich mittelbar gefördert.

Als Haftpflichtversicherung der vom Versicherungsschutz umfassten Geschäftsleitungsorgane und leitenden Angestellten zählt die D&O-Versicherung zur Passivenversicherung und damit zur Schadensversicherung. Da die D&O-Versicherung in Ermangelung einer gesetzlichen Verpflichtung zu ihrem Abschluss zur freiwilligen Haftpflichtversicherung zählt, kommen die besonderen Vorschriften über die Pflichtversicherung (§§ 158b ff VersVG) nicht zur Anwendung.

Als Passivenversicherung dient die D&O-Versicherung dem Schutz des Vermögens des Versicherten gegen Belastungen durch Aufwendungen (Abwehrfunktion) und Verbindlichkeiten (Schadensausgleichsfunktion). Diese Arten von Belastungen (und nicht der Schaden des geschädigten Dritten) stellen den versicherten Schaden im Sinne des § 49 VersVG dar. Schutzobjekt der Passivenversicherung ist somit das gesamte Vermögen des jeweiligen Versicherten. Dadurch unterscheidet sich die Passivenversicherung von der Aktivenversicherung, die auch als Versicherung mit besonderem Schutzobjekt bezeichnet wird.

Beim Abschluss einer D&O-Versicherung sind die Bestimmungen über die Unterversicherung nicht anwendbar (vgl § 56 VersVG). Das bedeutet, dass auch in jenen Fällen, in denen die Ansprüche des Dritten die Versicherungssumme übersteigen, das Versicherungsunternehmen Rechtsschutzleistungen in voller Höhe und nicht etwa nur nach dem Verhältnis zwischen der Versicherungssumme und den Ansprüchen des Dritten zu leisten hat.

Das Konzept sieht vor, dass der Versicherer der jeweils versicherten Person jene Leistungen ersetzt, die diese wegen einer im Rahmen der Ausübhung ihrer Tätigkeit begangenen Pflichtverletzung gegenüber dem Anspruchsteller zu erbringen hat.

Zum versicherten Personenkreis einer durch die Gesellschaft abgeschlossenen D & O-Versicherung können neben sämtlichen GmbH-Geschäftsführern, Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern auch gehören

• gewerberechtliche Geschäftsführer,
• verantwortliche Beauftragte gemäß § 9 Abs 2 VStG,
• sonstige Beauftragte, denen kraft Gesetzes keine verwaltungsstrafrechtliche Haftung übertragen werden darf,
• inländische Vertreter,
• Beiratsmitglieder ,
• Filial-, Niederlassungs- und Betriebsleiter,
• Compliance -Verantwortliche.

Die betrieblichen Anforderungen für den Abschluss einer D&O-Versicherung sind mittlerweile sehr vielschichtigt: Neben einem umfangreichen Fragebogen wird seitens der wenigen in Frage kommenden Versicherer vor allem auch auf die Richtigkeit des Jahresabschlusses abgestellt. Jede Bilanzberichtigung – aus welchen Gründen auch immer – ist daher dem Versicherer unverzüglich anzuzeigen. Es ist prinzipiell notwendig auf den ersten Blick vergleichbare Produkte im Hinblick auf Ausschlüsse zu eingehend zu vergleichen, weil insoweit erheblich divergierende Vertragsgrundlagen bestehen.

3.2 Deckungselemente der D&O-Versicherung

Im Gegensatz zu den gesetzlichen Berufshaftpflichtversicherung, die sich auf „geregelte Bedingungswerken“ stützen, beruhen die Vertragsgrundlagen der D&O-Versicherung weitgehend auf freien Vereinbarungen. Bei der Beurteilung der Qualität entsprechender Produkte ist wegen der Unterschiedlichkeit der Leistungen Vorsicht geboten; die ausgewiesene Prämie ist jedenfalls ein ungeeigneter Entscheidungsparameter für einen Vertragsabschluss.

D&O-Versicherungen zeichnen sich auch dadurch aus, dass es sog. unversicherbare Risiken gibt; darunter fallen etwa Schadenzahlungen im Falle einer vorsätzlichen Handlung oder Unterlassung durch eine vom Versicherungsschutz umfasste Person. Häufig anzutreffen ist
der Deckungsausschluss „Kartellrecht“ bzw. „Preisabsprachen“.

Wesentlich umfangreicher als Deckungsausschlüsse- und -einschränkungen ist der Leistungsteil, der ohne detaillierte Prüfung der zugrundeliegenden Regelungswerke nicht ohne weiteres erkennbar ist.

Die folgende Checkliste will zu einer Sensibilisierung beitragen, welche konkrete Absicherungen und Schutzfunktionen in einer D&O-Deckung enthalten sind bzw. sein sollten.

• Weit gefasster auf individuelle Bedürfnisse des Kunden ausgerichteter Personenkreis;
• Mitversicherung auch von Tätigkeiten in fremden Unternehmen, etwa als Aufsichtsratsmitglied;
• Unbegrenzte Rückwärtsversicherung, sofern keine bekannten Pflichtverletzungen vorliegen;
• Unverfallbare und zeitlich unbegrenzte Nachmeldefrist ab Vertragsbeginn;
• Kein Ausschluss für operative Tätigkeiten;
• Möglichkeit, die Versicherungssumme einerseits auf Schadenzahlung und andererseits auf anwaltliche Abwehrkosten zu verteilen;
• Mitversicherung öffentlich-rechtlicher Ansprüche (BAO, ASVG, GSVG);
• Vereinbarung einer Update-Klausel;
• Übernahme der Kosten für Reputationsschäden;
• Vorbeugende Rechtskosten bis zur Höhe der Versicherungssumme;
• Forensische Dienstleistungen;
• Interne Untersuchungen;
• Kündigungsverzicht des Versicherers im Schadenfall;
• Retirement Cover – zusätzliche Versicherungssumme für ausgeschiedene Organmitglieder für den Fall, dass die Pauschalversicherungssumme nicht ausreicht;
• Wiederauffüllung der Versicherungssumme nach Schadenereignissen;
• Kündigungsverzicht des Versicherers im Falle der Insolvenz;
• Keine Zurechnung fremden und deckungsschädlichen Wissens, verursacht z.B. durch weitere Geschäftsführer oder Mitglieder eines Aufsichtsrats / Beirats;
• Anfechtungsverzicht bei arglistiger Täuschung für unbeteiligte versicherte Personen;

Es ist naheliegend, dass angesichts der Komplexität der Produkte es empfehlenswert ist, einen versierten unabhängigen Versicherungsmakler als Berater für die Entscheidung hinzuziehen.

3.3 Aktuelle Praxisprobleme

Drei Jahre Krisenszenario, von der Pandemie über stetig ansteigende Cyber-attacken, Unterbrechung der Lieferketten, bis hin zum unseligen Ukraine-Krieg haben die gemeldeten Schäden aus Anspruchsstellungen bei den einschlägigen Versicherungsgesellschaften anwachsen lassen; die Inflation befeuert zudem die betragliche Höhe der Forderungen und deren Zuerkennung ebenso wie die Rechtsanwalts- und Sachverständigenhonorare für die Anspruchsabwehr.

Dazu kommt die zunehmende Anzahl an Insolvenzen als ein weiteres Element der Risikoverschärfung, welche die Gefährdungslage betroffener Geschäftsführer verstärkt. Dies betrifft sowohl ehemalige Unternehmensleiter der insolventen Gesellschaft als auch Organmitglieder von Geschäftspartnern in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft, deren wirtschaftliche Erfolge durch entsprechende Zahlungsausfälle beeinträchtigt wurden. Im letzteren Fall wäre denkbar, dass den Verantwortlichen vorgeworfen wird, sie hätten zu spät auf absehbare finanzielle Einbußen reagiert und keine vorsorglichen präventiven Maßnahmen zur Abfederung getroffen.

Zweifellos der schlimmste Fall besteht darin, wenn im Zuge des Insolvenzverfahrens der vormalige Geschäftsführer durch den Insolvenzverwalter mit Schadenersatzansprüchen verfolgt wird, die durch behauptete Sorgfaltspflichtverletzungen begründet sind und die Insolvenz der Gesellschaft ausgelöst haben sollen. Diese Haftung ist unbegrenzt mit dem gesamten Privatvermögen und solidarisch mit allfälligen weiteren Geschäftsführern. Die zu Lasten von Organmitgliedern bestehende Beweislastumkehr im Sinne des § 1298 ABGB erschwert GmbH-Geschäftsführern (§ 25 Abs 2 GmbHG) sowie Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern (§ 84 Abs 2 AktG) einen erfolgreichen Freibeweis. Am Ende dieses Verfahrens droht insbesondere GmbH-Geschäftsführern die Privatinsolvenz.

Die vorgenannten Umstände haben dazu geführt, dass einerseits spürbar mehr Schäden gemeldet worden und andererseits Schadenleistungen markant und nachhaltig nach oben gegangen sind und weiterhin gehen werden. Ein baldiges Ende dieser Entwicklung ist vorerst nicht erkennbar.

Die Risikoträger, vornehmlich aus Deutschland, Großbritannien, Frankreich und den USA, reduzieren immer öfter Leistungsinhalte der einschlägigen Versicherungsverträge und erhöhen die Prämien, teilweise verlassen sogar Versicherungsgesellschaften den deutschen und österreichischen Markt zur Gänze.

Etlichen anfragenden Firmen wird mitgeteilt, dass seitens der Versicherungsgesellschaften kein Angebot unterbreitet wird. Aber auch Verlängerungen bestehender Verträge werden meist nur mehr gegen höhere Versicherungsprämien akzeptiert. Betriebe in wirtschaftlicher Schieflage sind so gut wie chancenlos, eine adäquate Absicherung zu erhalten.

Besondere Beachtung ist der Reduktion von Leistungsinhalten der Verträge zu widmen. Bei Vertragsverlängerungen – die Laufzeit einer D&O-Versicherung beträgt selten mehr als ein Jahr und erfordert daher eine jährliche Erneuerung – werden vielfach zusätzliche Ausschlüsse festgelegt, zum Beispiel territoriale Ausschlüsse aufgrund des Ukraine-Krieges oder als Folge einer Cyber-Attacke gegen das Unternehmen. Sehr nachteilig für die versicherte Gesellschaft eine Verkürzung von Nachmeldehaftungen, die gewährleisten sollen, dass nach Beendigung des Versicherungsvertrages (etwa wegen Ausscheiden eines Organmitglieds Anspruchsstellungen abgewehrt und/oder erfüllt werden.

Bei D&O-Versicherungen wird es immer schwieriger die benötigten und erwünschten Versicherungssummen tatsächlich zu erhalten; die betrifft vor allem größere Unternehmen und deren Management.

In der jüngsten Zeit kommen aber erfreulicherweise aus Deutschland zarte Signale die eine positive Entwicklung in Richtung einer leichten Aufweichung des in den letzten Jahren massiv verhärteten Marktes erwarten lassen. Es sollte dann wieder einfacher werden auch schwierige Risken mit adäquaten Versicherungssummen platzieren zu können. Es ist zu hoffen, dass sich dieser Trend weiter verstärken wird.

3.4 Abschluss einer personen- bzw. mandatsbezogenen Unternehmensleiterdeckung

Um die dargestellten teilweise großen Hürden beim Abschluss einer Firmenpolizze zu vermeiden, ist mittlerweile der persönlichen und mandatsbezogenen Absicherung durch Unternehmensleiterdeckungen der Vorzug zu geben. Solche Lösungen erfordern meist geringere Versicherungssummen, da die Vertragsleistungen lediglich einer Person zur Verfügung gestellt wird. Das Organmitglied ist und bleibt verfügungsberechtigter Versicherungsnehmer des Vertrages und kann damit über Inhalt, Summe oder Laufzeit selbst disponieren; diese Vorteile sind bei einer vom Unternehmen abgeschlossenen D&O-Versicherungen im Falle der Beendigung der Organfunktion nicht mehr gegeben.

Zusätzlich eignet sich diese Versicherungsform aus verschiedenen versicherungstechnischen Gründen besser für die absolut empfehlenswerte Kombination der Absicherung von reinen Vermögenschäden mit einer spezifischen Strafrechtsschutzversicherung, welche die Aufgabe hat, die Kosten für zweckgerichtete anwaltliche Vertretungen und Verteidigungen bei vorangegangenen strafrechtlichen Verfolgungshandlungen zu übernehmen. Typischerweise ist dieses Haftungsrisiko in D&O-Versicherungen nicht enthalten, und wenn dann nur mit unzureichenden Leistungen.

Übersicht: Privatlösung versus Unternehmenslösung

4. Empfehlungen für Berufsangehörige

Zu warnen ist vor der verbreitet vertretenen Auffassung, die gesetzlich verpflichtend bestehende Berufshaftpflichtversicherung, die etwa für Berufsangehörige der Kammer der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer obligatorisch ist, würde auch für Schadensfälle aus zusätzlichen Mandaten, wie z.B. Vorstands- und/oder Aufsichtsratspositionen in Gesellschaften oder Privatstiftungen, Gültigkeit haben. Zwar besteht die Möglichkeit die Deckungen dieser Berufshaftpflichtversicherungsverträge entsprechend zu erweitern, eine automatische Mitversicherung dieser Zusatzrisken besteht jedoch nicht. Insoweit ist die Überprüfung der Polizze durch einen unabhängigen Versicherungsmakler geboten.

5. Anstellungsvertrag-Rechtsschutzversicherung

Auf GmbH-Geschäftsführer und Vorstandsmitglieder von (europäischen) Aktiengesellschaften ist § 10 Abs 2 Z 2 AKG nicht anzuwenden. Diesem kleinen Beitragsvorteil steht der große Nachteil gegenüber, dass bei Streitigkeiten aus dem Anstellungsvertrag kein Anspruch auf eine rechtsfreundliche Vertretung durch die Arbeiterkammer besteht. Aus diesem Grund ist ergänzend der Abschluss einer Anstellungsvertrags-Rechtsschutzversicherung zu empfehlen, welche die Kosten einer rechtlichen Auseinandersetzung des Geschäftsführers / Vorstandsmitglieds mit dem vormaligen Dienstgeber unter Versicherungsschutz stellt. Mit dieser einfachen haftungsprophylaktischen Maßnahme sind die vor dem Handelsgericht oder Arbeits- und Sozialgericht ausgetragenen Streitigkeiten adäquat versichert.

6. Vertrauensschadenversicherung

Die dem Unternehmen aus vorsätzlichen unerlaubten Handlungen eigener Mitarbeiter oder Vertrauenspersonen entstandenen Vermögenschäden finden keinen unmittelbaren Ersatz in einer D&O-Versicherung. Erst bei einer Rückforderung der entstandene Vermögensverluste durch die Gesellschaft beim verantwortlichen Geschäftsführer würde die D&O-Versicherung – ebenfalls eine Form der Eigenschadenversicherung – unter Umständen eintrittspflichtig werden. Eine Vertrauensschadenversicherung ersetzt allerdings vorab derartige Verluste sowohl im Eigenschadenbereich, wie auch jene geschädigter Dritter, wodurch der Regress gegenüber der Geschäftsleitung unterbleiben kann.

Auf den Punkt gebracht

Eine D&O-Versicherung ist zweifelsfrei ein nützliches Instrument – mehr aber auch nicht – für Geschäftsführer und anderer Führungskräfte der Gesellschaft, das mit ihrer Tätigkeit verbundene Risiko in einem gewissen Umfang abzudecken. Ein „Freibrief“ für Sorglosigkeit ist eine D&O-Versicherung keinesfalls. Die vorteilhafteste Situation für alle Beteiligten ist es, den Versicherungsschutz erst gar nicht in Anspruch nehmen zu müssen.

Resümierend ist festzuhalten, dass noch viel mehr als bei klassischen Versicherungsformen die Höhe der Prämie kein brauchbarer Indikator für Qualität des Produktes darstellt, ganz im Gegenteil.

Kurz zusammengefasst lässt sich sagen, dass

• Managerversicherungen auch im unternehmerischen Mittelstand angekommen sind,
• sich in den letzten Monaten die Haftungsrisken von Geschäftsleitungsorganen in Anbetracht der aktuellen Krisenszenarien spürbar verschärft haben,
• steigendes Schäden bei den einschlägigen Versicherern eingetreten sind,
• der „Risikoappetit“ der Anbieter allgemein zurückgegangen ist,
• am Versicherungsabschluss interessierte Gesellschaften mit einem höheren Prämienniveau bei gleichzeitig geringeren Leistungen zu rechnen haben,
• die Versicherungswirtschaft im Hinblick auf neue und erweiterte Deckungsausschlüsse sehr kreativ ist.

In Anbetracht der insgesamt eher unerfreulichen Rahmenbedingungen geben wir nachfolgende Empfehlungen ab:

• Prüfung bestehender Polizzen durch mit der Materie betraute Experten
• Erhöhung von Versicherungssummen falls möglich
• Bündige Kombination Strafrechtsschutz- mit Vermögenschadenhaftpflichtversicherung
• Priorität personenbezogener vor unternehmensbezogener Absicherungen
• Auf unbegrenzte Nachhaftungsfristen achten
• Besondere Vorsicht beim Wechsel des Versicherers wegen denkbarem Entfall von Leistungsinhalten des Altvertrages

Dr. Helmut Tenschert ist selbständiger Versicherungsmakler und Produktentwickler; sein fachlicher Schwerpunkt sind Haftpflicht-, D&O- und Rechtsschutzversicherungen. (helmut.tenschert@einstein-versicherungsmakler.at). Dr. Tenschert ist Mitglied der Rechtsservice- und Schlichtungsstelle der österreichischen Versicherungsmakler.

Prof. Prof. (FH) Mag. Dr. Christian Fritz, LL.M. LL.M. MBA MLS ist Partner einer Steuerberatungskanzlei in Innsbruck, allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger, Wirtschaftsmediator sowie Fachbuchautor. Sein Spezialgebiet ist unter anderem die Beratung von Geschäftsführern, Vorstands- und Aufsichtsratsmitgliedern.

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